Deutschland ist ein starker Fürsprecher erneuerbarer Energien und setzt sich ambitionierte Meilensteine für die CO2-Neutralität: 65 Prozent weniger Treibhausgas-Ausstoß bis 2030 im Vergleich zu 1990 und 88 Prozent weniger CO2-Emissionen bis 2040. Klimaneutralität ist für das Jahr 2045 anvisiert. Ob die beschlossenen Maßnahmen genügen, um diese Ziele zu erreichen, ist alles andere als gewiss. Die globalen Klimaanstrengungen müssen „dringend verdoppelt“ werden, fordert die UN im Rahmen der 26. UN-Klimakonferenz.

Die nationalen Klimaziele könnten deutlich schneller als geplant erreicht werden und dabei ließen sich sogar Stromkosten sparen. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie „Schneller zu Netto-Null“ des Technologieunternehmens Wärtsilä.
Der kostengünstigste Weg zu Netto-Null
Um den jeweils kostengünstigsten Weg zu Energieversorgungssystemen mit Null Netto-Emissionen aufzuzeigen, hat Wärtsilä Modellrechnungen für drei Schlüsselregionen durchgeführt, die von tragender Bedeutung für die Verhandlungen auf dem Weltklimagipfel sind: Deutschland, Indien und Kalifornien.
Für Deutschland hat Wärtsilä zwei Szenarien modelliert: Das Netto-Null-Szenario “Baseline 2045” geht davon aus, dass Deutschland den Kohleausstieg bis 2038 realisiert. In diesem Szenario werden in Deutschland pro Jahr bis zu 13,5 GW erneuerbare Energien verfügbar gemacht. Im Jahr 2045 wäre die Energieversorgung CO2-neutral. Das beschleunigte Szenario „Supercharged 2040“ basiert auf der Annahme, dass Deutschland den Kohleausstieg schon 2030 schafft – mit erneuerbaren Energiekapazitäten bis zu 19,5 GW pro Jahr.

Die Schlüsselerkenntnisse aus den Modellberechnungen: Im beschleunigten Szenario kann Deutschlands Energiesektor bis 2040 CO2-Neutralität erreichen und seine Stromkosten um 8 Prozent senken. „Ein höheres Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien treibt die Stromkosten nicht in die Höhe, sondern reduziert sie vielmehr“, erklärt Jan Andersson, European Market Development Manager bei Wärtsilä Energy und Mitautor der Studie. Bei einem Kohleausstieg bis 2030 – also acht Jahre eher als geplant – ließen sich rund 422 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß bis 2040 einsparen. Deutschland könnte energiepolitisch unabhängig bleiben und den Import von 550 TWh Energie vermeiden. Die Energieerzeuger würden mehr als 900 Millionen Euro pro Jahr an Kohlenstoffsteuern einsparen. Der höhere Investitionsaufwand für den schnellen Übergang zu vollständig erneuerbarer Energie würde durch Einsparungen bei den operativen Ausgaben kompensiert, die beim langsameren Übergang zu Netto-Null bis 2045 anfallen würden. „Je schneller der Umstieg, desto niedriger die Stromgesamtkosten“, erklärt Sushil Purohit, Präsident von Wärtsilä Energy.

Große Bedeutung misst Wärtsilä der Dekarbonisierung von Wärme zu. Immerhin wird in der EU etwa die Hälfte der Energie in Form von Wärme – etwa als Raumwärme, Prozesswärme oder Warmwasser –verbraucht. Das zeigt die Studie „Heat Roadmap Europe“ der dänischen Universität Aalborg. Lediglich ein Viertel der Energie wird in Form von Strom genutzt. Um die Klimaziele zu erreichen, ist laut Wärtsilä eine Elektrifizierung der Fernwärme auf Basis regenerativer Energien nötig.
Die Wegbereiter: neue flexible Kraft-Wärmekopplungs-Werke
Zentrale Wegbereiter für den deutschen Kohleausstieg sind neue hochflexible Kraft-Wärmekopplungs-Werke (KWK). Sie liefern flexiblen Strom und Wärme, balancieren erneuerbare Energie aus und gewährleisten so Versorgungssicherheit. Wärtsilä hebt auch die Bedeutung nachhaltiger Kraftstoffe als kohlenstoffneutrale Lösung für die Langzeitspeicherung von Energie hervor.
Damit erneuerbare Energien die tragende Rolle bei der Deckung des Energiebedarfs für die Grundlast übernehmen können, sind intelligente Energiespeicherlösungen und eine flexible Stromversorgung erforderlich, die Schwankungen in der Energiebereitstellung ausgleichen.